Die Kirchenglocken

"Die zu Wohlstand gekommene Rotweinstadt bekam am 5. Mai 1892 vier neue Glocken per Bahn geliefert. Diese erklangen erstmals zum Pankratiusfest am 12. Mai. 1892.

Der Weltkrieg fordert seinen Tribut
Nur 25 Jahre waren dem neuen, melodischen Geläut vergönnt. Anfang Juni 1917 wurden drei der vier Glocken, die große Marienglocke, die Barbara-Glocke und die Pankratius-Glocke, abtransportiert. Es war ein bitterer Tag für die Klingenberger Bevölkerung. Ende des Jahres 1917 verlangte das Bezirksamt Obernburg, den Erlös aus den Kirchenglocken als Kriegsanleihe zu zeichnen. So war bei Kriegsende beides verloren: Die Glocken und das Geld.

Kurz nach dem ersten Weltkrieg, im Jahre 1919, wurden bei der Firma Hamm in Augsburg drei neue Glocken mit einem Gesamtgewicht von 32 Zentnern bestellt. Man war bescheidener geworden in der Rotweinstadt!
Noch fehlte die vierte, die große Glocke. Stadtpfarrer Konstantin Junker lag die Beschaffung derselben sehr am Herzen. Er kämpfte, er sammelte Spenden und als das Geld immer noch nicht reichte, bat er um Ratenzahlung, denn er wollte den Auftrag für seine Christkönigsglocke keinesfalls stornieren. 5 400,93 Reichsmark kostete die neue cis-Glocke. Sie war von der Firma Otto in Hemelingen bei Bremen gegossen worden. Mit großer Mühe wurde die schwere Glocke vom Bahnhof zu der erhöht liegenden Kirche transportiert. Am Palmsonntag des Jahres 1935 fand die feierliche Weihe statt.

Der zweite Weltkrieg greift nach den Glocken
Bereits 1937 (also zwei Jahre nach der letzten Weihe) gab der Geistliche schweren Herzens den Meldebogen über die vorhandenen Glocken an die Diözese Würzburg ab. Er fürchtete Schlimmes und dies zu Recht.
Am 21. April 1942 quittierte die Reichsstelle für Metalle bei der Kreishandwerkerschaft Miltenberg den Emfpang dreier Bronzeglocken (darunter auch die neue Christkönigsglocke) mit einem Gesamtgewicht von ca. 80 Zentnern. Sie waren "auf höheren Befehl" vom Klingenberger Kirchturm geholt worden, um sie zur Herstellung von Kriegsgerät einzuschmelzen.

Neue Glocken für die Rotweinstadt
Am 13. Januar 1947 beauftragte Stadtpfarrer Franz Kunzmann seinen Nachbarn Valentin Pfister, der für die Glanzstoff-Werke nach Hamburg fahren musste, im Glockenlager der Zinnwerke Wilhelmsburg nach den Klingenberger Glocken zu fahnden, doch war keine Spur mehr von ihnen zu entdecken. Wiederum begann die Sammeltätigkeit für ein neues Geläut. Mit dem Guss desselben beauftragte man den Bochumer Verein. Die Kosten sollten 18.850 Reichsmark betragen, doch musste ein Teil der gewaltigen Summe bereits in DM bezahlt werden, da inzwischen die Währungsreform in Kraft getreten war.
Am 21. November 1948 weihte Domdekan Dr. Staab die fünf neuen Gussstahlglocken und am 12. Dezember ertönte erstmals ihr Geläut über das Maintal hin. Wolle Gott, dass diesen Glocken ein längeres Leben beschieden sei, als vielen ihrer Vorgängerinnen."

Auszüge aus der Chronik der Stadt Klingenberg a.Main, Band I, Seite 299